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Sklaven der Scharia – Das islamische Unterdrückungssystem

Posted by paulipoldie on May 5, 2008

Zum Autor:

Heinz Gstrein lehrt an der Universität Wien Osmanische Geschichte und Islamisches Recht im Rahmen des interdisziplinären Lehrgangs für Balkanwissenschaften. Er ist Schüler der grossen Orientalisten Adolf Grohmann und Ernst Bannert. Gstrein wirkte Jahrzehnte als Auslands-Korrespondent in der islamischen Welt, war dann in Zürich am Institut G2W – Glaube in der 2. Welt tätig. Schwerpunkte seiner Arbeit sind Mystik (z.B.“Islamische Sufimediation für Christen“ oder „Friede allen Welten“) und die totalitäre politische Ideologie des Islams (u.a. „Marx oder Mohammed“).

Inhalt

Einleitung

  1. Mohammed und seine Lieblingssklavinnen
  2. Die Sklaverei nach dem Islamischen Recht:

Wie Gebrauchsgegenstände und Tiere

  1. Haremswirtschaft, Bagnos und Reformen
  2. Islamische Sklaverei heute – Zum Beispiel:

Mauritanien – 600 000 Sklaven, die es nicht gibt

Sudan – Neues Sklavenelend in grossem Stil

Arabische Halbinsel – Schlimmer als im Mittelalter

Afghanistan – Lustknaben der Mudschaheddins

  1. Frauenknechtung und Diktatur des islamischen Kollektivs Unfreiheit in europäischen Parallelgesellschaften

 

Einleitung

Der Islam ist wie vor ihm das Christentum in einer Welt entstanden, für die Sklaverei etwas Selbstverständliches war. Er hat ebenso wenig wie die Kirche (angefangen mit dem Philemon-Brief von Paulus) daran grundsätzlich etwas geändert, nur ihre menschliche Behandlung gefordert und – das vom Islam sogar explizit – das Freilassen von Sklavinnen und Sklaven für religiös verdienstlich erklärt. Der Ansatz des Paulus (Phil 16), bisherige Sklaven nach ihrer Bekehrung zu Christus als Brüder zu behandeln und zu betrachten, findet sich voll in dem islamischen Grundsatz, dass Moslems eigentlich keine Moslems zu Sklaven machen und als solche halten dürfen. In der Praxis werden islamische Glaubensgeschwister, die man aus dem einen oder anderen Grund versklaven möchte, einfach zu Ketzern und damit zu nicht wahren Moslems erklärt. Wie das zuletzt in Darfur geschah und geschieht.

Ähnlich wie im Fall der Diskriminierung von Frauen und Kindern, von Religionskriegen und religiös verbrämter Gewalt jeder Art wie Inquisition und Hexenprozessen dürfen wir Christen den Moslems gegenüber nicht behaupten, uns in Sachen Sklaverei im Lauf der Geschichte besser verhalten zu haben. Auf das Aussterben der antiken Sklaverei folgte im christlichen Mittelalter die sogenannte Leibeigenschaft, die theoretisch den Seelen ihre Freiheit beliess. In der Neuzeit versklavten weisse abendländische Christen mit Vorzug die schwarze Rasse, da es sich bei ihr um einen angeblich nicht voll entfalteten Menschentyp handelte. Ähnliche pseudotheologische Behauptungen wurden bis zuletzt herangezogen, um in Südafrika die Apartheit zu stützen. Das Schlimmste war aber das Zusammenspiel christlicher Sklavenhalter und –händler mit islamischen Sklavenjägern bis tief ins 19. Jahrhundert hinein, besonders zwischen Afrika und Amerika.

Zum Unterschied von der Botschaft des Evangeliums, das keine ausdrückliche Verurteilung der Sklaverei enthält, dieser aber in seinem ganzen Geist widerspricht, sind das Sklavensystem und sogar seine Ausweitung wesentlicher Bestandteil der Grundbotschaft des Islams, der رسالۃ (risalah): Die Versklavung von Andersgläubigen gehört zum Auftrag der Ausbreitung des islamischen Herrschaftsgebietes mit allen Mitteln.

Zwar ist die Sklaverei heute auch in total vom Islam geprägten Staaten wie Saudiarabien offiziell abgeschafft, wird aber in oft sogar schlimmen Formen zwischen Mauritanien und Afghanistan weiter praktiziert. Im Sudan finden sogar wieder regelrechte Sklavenjagden statt. Mit dem islamischen Sklavensystem stehen auch Fragen der Entrechtung von Frauen und Kindern sowie der persönlichen Freiheit überhaupt in Zusammenhang.

Im Rahmen der in unseren Tagen frisch vorangetriebenen Bestrebungen zur Verwirklichung einer islamischen Weltherrschaft stellt dieses Sklavensystem neben fehlender Religionsfreiheit und Frauenknechtung die dritte Hauptbedrohung dar, die uns alle angeht.

Erlenbach am Zürichsee, Ostern 2008

 

Heinz Gstrein

1. Mohammed und seine Lieblingssklavinnen

Als Grundgehalt des Islams gilt, was im Koran steht oder als Hadith (mündliche, später als der Koran aufgezeichnete Überlieferung) tradiert wurde. Innerhalb dieser islamischen „Schrift und Tradition“ sind die meisten Aussagen recht unterschiedlich interpretierbar, was auch mit der grossen Bandbreite der klassischen arabischen Sprache zusammenhängt, die für ein und dasselbe Zeitwort zehn Verbalstämme mit den verschiedensten Bedeutungen kennt. Eindeutig ist jedoch das Beispiel von Mohammed selbst Sklavinnen und Sklaven gegenüber.

Die heutigen Islam-Apologeten bei uns und ihre leichtgläubigen Nachbeter stellen das Verhältnis von Mohammeds Religion zur Sklaverei in positiven Gegensatz zum Verhalten der christlichen Kirchen: Das Christentum habe sie als uralte Einrichtung vorgefunden und gesetzlich sanktioniert, worauf die Christen dann fortfuhren, in Folge dieser gesetzlichen Regelung die Einwohner Amerikas zu versklaven und aufs Schlimmste zu behandeln.Der Islam hätte dem gegenüber das Tor der Freilassung eröffnet und auf jede Weise zur Befreiung der Sklaven angeeifert: „eine volle Abschaffung war wohl nicht sofort möglich, da ja die Versklavung des heidnischen Islamfeindes ein Zuchtmittel sein sollte“[1]

Die besondere Verdienstlichkeit der Freilassung – islamischer – Sklaven wird dabei mit Aussagen Mohammeds wie dieser begründet:

„Abu Burada berichtete von seinem Vater, dass der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, sagte: “Es gibt drei Arten von Menschen, die den doppelten Lohn erhalten: jemand von den Schriftbesitzern (Christen und Juden A.d.V.), der an seine eigenen Propheten und dann an Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, glaubt; und ein Sklave, der sich im Besitz seiner Herren befindet und seine Pflichten sowohl gegenüber Allah als auch gegenüber seinen Herren erfüllt; und ein Mann, der eine Sklavin hat, sie wohlerzieht, sie gut bildet, alsdann freilässt und anschliessend heiratet. (Jeder von ihnen) erhält den doppelten Lohn.”[2]

Dem steht gegenüber, dass Mohammed die Sklaverei als Weg betrachtete, um Ungläubige zum Islam zu bringen. Es sei zwar eine Tugend, Sklaven freizulassen; Mohammed befreite jedoch nur jene Sklaven, die sich dem Islam unterworfen hatten. Wenn der ungläubige Sklave sich nicht bekehren lässt, seine Kinder werden dies bestimmt tun. Wenn man ihnen genug Zeit lässt, werden sich Sklaven allmählich bekehren. Dies ist einer der Gründe warum die Sklaverei im Islam positiv gesehen wird. Man findet nicht ein einziges negatives Wort von Mohammed zur Sklaverei. Er praktizierte das Versklaven sogar persönlich, zog aus, führte Krieg und tötete die männlichen Feinde, damit die übrig gebliebenen Stammesmitglieder sich ergeben mussten und als Sklaven verkauft werden konnten. Er bot den gefangenen Sklaven die Freiheit an, sie mussten sich aber zuerst bereit erklärten, ihn als den Propheten Allahs anzuerkennen. Bei den gefangen genommenen „ungläubigen“ Frauen genoss er stets die erste Wahl. So nach der Eroberung von Khaybar, wo es ihn nach derselben Frau gelüstete wie einen seiner Gefährten und er sie in seinen Besitz brachte, indem er sie gegen eine andere Sklavin eintauschte: „Wir eroberten Khaybar, nahmen Gefangene und die Beute wurde zusammengetragen. Dihya kam und sagte: „O Prophet Allahs. Gib mir ein Sklavenmädchen von den Gefangenen.“ Der Prophet erwiderte: „Geh und nimm dir eines.“ Er nahm Safijeh. Ein Mann kam zum Propheten und eröffnete diesem: „O Prophet Allahs! Du hast Safijeh dem Dihya gegeben dabei ist sie doch die Frau des Stammesoberhauptes, sie ist nur deiner würdig.“ Da sagte der Prophet: „Bringt die beiden her zu mir.“  Also kamen sie zu ihm und als der Prophet sie sah, sprach er zu Dihya: „Nimm dir irgendein anderes Sklavenmädchen aus der Beute aber nicht dieses.“[3]

Oder: „Ich schichte einen Brief an Nafi und er schrieb mir zurück, dass der Prophet plötzlich die Banu Mustaliq angegriffen hätte, als diese ahnungslos ihr Vieh an einem Wasserloch tränkten. Ihre kämpfenden Männer wurden getötet und die Frauen sowie die Kinder gefangen genommen. Der Prophet erhielt bei dieser Gelegenheit die Juwairiya.“ [4]

Als Mohammed die jüdischen Banu Quraiza vernichtete, wurden alle Männer geköpft, damit keine Ehegatten mehr zurückblieben. Mohammed verteilte die Kinder unter den Moslems, damit sie als solche aufgezogen würden und er verkaufte die jüdischen Frauen als Sklavinnen: „Mohammed hatte für sich von diesen Frauen Reihaneh gewählt, Tochter des Amr I. Djunafa, eine der Banu Quraiza, und sie blieb als Sklavin bei ihm bis zu seinem Tod.“[5]

Für eine gewisse Zeit war Maria, eine christliche Sklavin aus Ägypten, Mohammeds Lieblingspartnerin beim Sex. Eine seiner Gattinnen, Hafsa, erwischte ihn mit Maria in einer kompromittierenden Situation in ihren Gemächern. Da sie äusserst heftig reagierte, versprach Mohammed, dies nie mehr zu tun und entfernte Maria in eine eigene Wohnung in Medina.[6] Diese Episode hat sogar im Koran ihren Niederschlag gefunden:

„Prophet! Warum erklärst du denn im Bestreben, deine Gattinnen zufrieden zu stellen, für verboten, was Gott dir erlaubt hat? (Mit deinem Enthaltungsschwur hast du Unrecht getan.) Aber Gott ist barmherzig und bereit zu vergeben.“

Sure 66, Vers 1

(zitiert nach Paret: Rudi, Der Koran, Stuttgart 20049)

 

2. Die Sklaverei nach dem Islamischen Recht: Wie Gebrauchsgegenstände und Tiere

 

Bei der heute vielberufenen شريعۃ (sharī‛ah  gebahnter Weg, islamisches Religionsgesetz) zum Unterschied von طريقۃ (tarīķah mystischer Weg zur Wahrheit) handelt es sich um das religiös legitimierte, unabänderliche Gesetz des Islams, um die Gesamtheit (corpus) aller Vorchriften für religiöses, privates, bürgerliches und staatliches Leben.

Es ist nicht nur moralisch verbindliches göttliches Recht, sondern ebenso öffentliches Recht im islamischen Herrschaftsbereich. Hat es nach traditioneller Auffassung nur für Moslemas und Moslems volle Gültigkeit, so wird es heute mehr und mehr als territoriale Rechtsordnung für alle auf dem Gebiet eines islamischen Staates angewendet. Nur Bereiche und Entscheidungen, die in der Scharia offen geblieben sind, können durch staatliche Gesetzgebung (كنون kanūn) oder mit Auslegung durch die islamischen Rechtsgelehrten (إجتهاد idjtihād Interpretation)geregelt werden. Diese islamische Jurisprudenz wird فقه (Fiķh Verstehen) genannt, sie gliedert sich hauptsächlich in vier Rechtsschulen (Hanafiten, Schafiiten, Malikiten, Hanbaliten). Die Promulgierung einer solchen Rechtsfindung durch eine religionsrechtliche Autorität heisst فتوى (Fatwā Edikt). Neuste Beispiele dafür die Fatwa von Ayatollah Khomeini mit dem Todesurteil über den Schriftsteller Salman Ruschdi oder 1996 die Kriegserklärung von Osama bin Laden.

Das islamische Recht kennt generell zwei Gründe, Sklavin oder Sklave zu sein: Als Kind von Sklaven oder auch nur einer Sklavin geboren zu werden oder in einem Kampf zur Ausbreitung der islamischen Herrschaft in Kriegsgefangenschaft zu geraten oder als Kriegsbeute in die Hand der Moslems zu fallen. Das theoretische Verbot der Versklavung von Moslemas und Moslems betrifft nur die letztere Kategorie: Sollten sie schon dem Islam angehören oder nun zu ihm übertreten, müssten sie freigelassen werden.

Da schwangere Sklavinnen und solche mit kleinen Kindern nur schwer und wenn, dann nur billig zu verkaufen sind, praktizierten schon die ersten Gefährten Mohammeds beim Geschlechtsverkehr mit ihren Sklavinnen den coitus interruptus oder andere Praktiken. Auch Sklavenpaare vermieden es so weit nur möglich, Kinder in die Welt zu setzen und damit zur Sklaverei zu verurteilen. Der grosse Bedarf der arabisch-islamischen und dann noch mehr der osmanischen Gesellschaft an servituden Dienstleistungen konnte daher je länger desto mehr nur durch den Import von Sklavinnen und Sklaven von Rand- und Fremdvölkern gedeckt werden. Als Vorwand zur Rechtfertigung dieses regen Sklavenhandels galt bis zuletzt die Fiktion, dass es sich dabei um Gefangene oder Erbeutete aus einem جهاد

(djihād „heiliger“ Krieg zur Ausbreitung oder Erhaltung der islamischen Herrschaft) handeln würde.

Sicher gibt es bei späteren islamischen Rechtsphilosophen Ansätze, die Freiheit als Regel und Sklaverei als die Ausnahme zu betrachten und speziell das Verschneiden junger Sklaven zu Eunuchen zu verurteilen. Doch fehlen bis heute im Fiķh gesetzliche Verbote, Menschen zu entführen, zu versklaven, zu verstümmeln und in jeder Hinsicht zu missbrauchen.[7] Hingegen gibt es genaue Bestimmungen über das Einfangen und Zurückbringen entlaufener Sklaven und die dafür zu zahlenden Belohnungen.[8]

Sklavinnen und Sklaven sind volles Eigentum ihrer Herren wie andere Besitztümer. Die malikitische Rechtsschule kennt sogar ein Rückgaberecht, falls sich vom Verkäufer garantierte Qualitäten nicht bewähren sollten. Sklavinnen sind sexuelle Gebrauchsgegenstände ihrer Besitzer. Der einzige menschliche Aspekt der islamischen Sklavengesetzgebung verbietet es, eine Mutter mit Kindern unter sieben Jahren getrennt zu verkaufen. Christen und Juden dürfen keine Moslem-Sklavinnen und Sklaven besitzen. Sklaven können mit Zustimmung ihrer Herren heiraten, ihre Frauen sogar in eigener Entscheidung verstossen. Sonst sind Sklaven nicht kontraktfähig, ausser einer Ehe können sie keinerlei andere Verträge schliessen. Hier berühren sich im islamischen Recht Sklaverei und der Status aller Frauen, die sich ihrem jeweiligen männlichen Meister (Vater, Bruder, Ehemann, Onkel) gegenüber in einem Zustand der Unfreiheit befinden.

Was die Behandlung der Sklaven betrifft, stellt sie das islamische Recht mit den Haustieren auf dieselbe Stufe: Wer ihnen nicht ein Minimum angemessener Haltung نفقۃ (nafaķa = Nahrung, Bekleidung, Unterkunft) gewährleistet, muss Sklaven wie auch Tiere verkaufen.

Religiös gesehen sind im Islam Freie und Sklaven im Prinzip gleichwertig. Praktisch gibt es aber viele Gesetze, die Sklavinnen und Sklaven auch im religiösen Leben diskriminieren. Als Vorbeter in der Moschee (Imam) sind sie nicht gern gesehen, ihre Herren können ihnen die Erfüllung ihrer religiösen Pflichten verbieten, und Sklavinnen haben nicht dasselbe Recht, ihre Blösse zu schützen wie freie Moslemfrauen.

Ganz präzis sind im islamischen Recht die sexuellen Ansprüche der Männer auf ihre Sklavinnen geregelt: Sie sind auch beim Sex die vollen Herren der Sklavenmädchen und -frauen, ausgenommen solche, die in Gemeinschaftsbesitz stehen oder verheiratet sind. Verboten ist nur der Geschlechtsverkehr mit Sklavinnen einer der eigenen Ehefrauen, nicht jedoch der Söhne.[9]

In der islamischen Rechtsgeschichte ist bis heute kaum von der Möglichkeit Gebrauch gemacht worden, die Härten dieses Sklavensystems durch Idjtihād zu mildern oder es überhaupt in Frage zu stellen, Ebensowenig wurden dementsprechende Fatwas erlassen, nicht einmal durch die Islamreformer des 19./20. Jahrhunderts wie z.B. einen sonst so rührigen Muhammad Abdu (1849-1905).

Das bisher letzte Wort des Islams in Sachen Sklaverei sind zwei Fatwas aus Saudiarabien. Die erste von Scheich Salih al-Fawzan aus dem Jahr 2003 betont: “Sklaverei ist ein Teil des Islams, Sklaverei ist ein Teil des Dschihad, und Dschihad wird es geben, solang der Islam besteht.“ Islamische Gelehrte, die etwas anderes behaupten, seien „Ignoranten, Zeitungsschmierer und Ungläubige“. Die zweite Fatwa von Scheich Saad al-Buraik gibt den Palstinensern das Recht, jüdische Frauen zu fangen und zu versklaven. „Allah hat sie Euch geschenkt!“

 

3. Haremswirtschaft, Bagnos und Reformen

Der einzige ernsthafte Versuch zu einer Reform des islamischen Rechts, in Sachen Religionsfreiheit und ebenso der Sklavenhaltung, wurde im 19. Jahrhundert im Osmanischen Reich im Rahmen der allgemeinen Erneuerungsbewegung „Tanzimat“ (Reform) unternommen. Die Reform reichte bis zur Gleichstellung von Moslems, Christen, Juden und anderen im osmanischen Recht, der Abschaffung der (Todes)strafe für den Abfall vom Islam und voller Religionsfreiheit. Allerdings beschränkte sich diese Reformära auf wenige Jahrzehnte zwischen 1830 und den 1870er Jahren. Dabei wurde vor allem der Sklavenhandel untersagt, aber innerhalb von familiären Hausgemeinschaften blieb das Halten von Sklavinnen und Sklaven, ihr Vererben sowie das Verschenken und Verkaufen von einer Sippe zur anderen gestattet. Eine besondere osmanische Spezialität war die „tscherkessische Sklaverei“, die nicht den Regeln der Scharia, sondern des kaukasischen Gewohnheitsrechtes „Kiatibieh“ unterlag.[10] Tscherkessische Sklaven waren bis zum letzten Sultan 1922 bevorzugte Leibwächter, Tscherkessinen die in allen Harems bevorzugten Sexsklavinnen.

Die Türken hatten keine Sklaverei gekannt, bevor sie sich dem Islam zuwandten und dessen Unterdrückungssystem übernahmen. Im Osmanischen Reich erreichte das Sklavensystem dann analog zu dessen Ausdehnung geradezu gigantische Ausmasse und nahm völlig neue Formen wie die berüchtigte „Knabenlese“ an. Die islamisch-osmanischen Sklavenjagden in Schwarzafrika wurden sogar die Voraussetzung dafür, dass Negersklaven in grossem Stil nach dem spanischen und portugiesischen Amerika, auf die karibischen Zuckerinseln der Franzosen, Briten, Niederländer, Dänen, Schweden und Malteserritter sowie schliesslich nach den USA geschafft werden konnten.

In den USA lautet die gängige Geschichte der Sklaverei wie folgt: Die Weissen nahmen Afrikaner gefangen, brachten sie in die USA und verkauften sie dann als Sklaven. Das stimmt nicht. Als nämlich die weissen Sklavenhändler an der Westküste Afrikas erschienen, zogen sie nicht aus, um Afrikaner gefangen zu nehmen. Vielmehr begutachteten sie die dort angebotenen Sklaven in ihren Verschlägen, bezahlten die moslemischen Sklavenhändler, nahmen die Quittung entgegen und luden ihre Ware auf die Schiffe. Wie das vor allem auf dem berüchtigsten Umschlagplatz für schwarze Sklavinnen und Sklaven an der Westküste Westafrikas geschah, auf der Insel Gorée vor der Mündung des Senegal-Stromes.

Wie in der Neuen Welt wurden die meisten schwarzen Sklaven im Osmanischen Reich in Bergwerken und für die Schwerarbeit auf dem Feld gebraucht. Kastrierte Schwarze (Eunuchen) waren die bevorzugten Haremswächter. Weissen Sklaven hingegen waren bevorzugte Handwerker, was mehr Geschicklichkeit erforderte. Weisse Sklaven wurden unter der Voraussetzung, dass sie konvertierten, gern und häufig sogar bis zu Führungspositionen befördert. Nur ein schwarzer Sklave erreichte jemals die Führungsspitze: Er regierte über Ägypten und war ein Eunuch. Für das islamische Sklavensystem ist daher auch ein gewisser Rassismus den Schwarzen gegenüber charakteristisch.

Über eine Million weisse Sklaven wurden von Europa „importiert“. Eine weisse Frau war bis ins 19. Jahrhundert die höchst bezahlte Sklavin auf den Märkten von Stambul, Kairo und Mekka. Ein Moslem, der sich keine weisse Haremsdame leisten konnte, nahm eine äthiopische – ebenfalls christliche – für ein Drittel des Preises.

Wie es noch in der Neuzeit mit den Christensklaven zuging, wissen wir aus dem Leben und Wirken des französischen Lazaristen Jean Le Vacher (geb. 1619), der schliesslich am 28. Juli 1683 in Algier lebend aus einer Kanone geschossen wurde, was damals eine besonders beliebte Todesstrafe war. [11] Sie wurde und wird sogar auf der türkischen Kasperlbühne (Karagöz) gern vorgeführt.

Nachdem sich schon im Mitttelalter die Orden der Mercedarier und Trinitarier der zwischen Libyen und Marokko geknechteten Christensklaven angenommen hatten und sie weitgehend freizukaufen versuchten, übernahm Le Vacher die Seelsorge bei jenen, die nicht oder bestenfalls nach Jahrzehnten in die Heimat zurückkehren konnten. Er führte in Tunis und Algier selbst das Leben eines Christensklaven, überlebte viermal die Pest und hatte sich obendrein wegen seiner unkonventionellen Ansichten und Methoden ständig mit Anzeigen bei der Päpstlichen Kurie in Rom  herumzuschlagen.[12] 

Die so genannten „Barbaresken-Staaten“ unter osmanischer Oberhoheit, Algerien, Tunesien und Tripolitanien lebten fast nur von der Seeräuberei. Der Gewinn aus dem Raub von Christensklaven und dem Handel mit ihnen überstieg bald bei weitem die aus dem Kapern von Schiffsladungen erzielten Gewinne. Ausserdem hielten diese Sklaven die gesamte Wirtschaft vom Handwerk bis zum Ackerbau im Gang. Die Kräftigsten mussten die Galeeren und Brigantinen rudern, mit denen Jagd auf ihre Glaubensgeschwister, auf Frauen und Kinder gemacht wurde!

Jene Sklavinnen und Sklaven, für die sich keine privaten Käufer fanden, wurden als Staatsmägde und –knechte zu öffentlichen Arbeiten eingesetzt. Für sie gab es in jeder nordafrikanischen Stadt das so genannte „Bagno“, ein Sklavengefängnis mit kleinen, feuchten Zellen, verseucht vom Ungeziefer und verpestet mit den schrecklichsten Krankheiten. [13] Erkrankte eine Sklavin oder ein Sklave, so wurden sie mit ausgesuchter Grausamkeit behandelt. Waren sie alt und schwach geworden, so sperrte man sie in eine Hungerzelle, liess sie ohne Speis und Trank, ohne ärztlichen und geistlichen Beistand einfach verrecken. In Tunis allein gab es damals in den Bagnos über 6000 „Staatssklaven“, unter ihnen zwölf Priester und ein weiteres Dutzend Diakone oder Klosterbrüder.[14] 

Noch schlimmer war die Situation in Algerien, wohin Le Vacher ab 1668 den Schwerpunkt seines Wirkens verlegte. Will man dem spanischen Benediktinerabt Diego de Haedo von Fromesta Glauben schenken, so gab es um 1612 in der Hauptstadt Algier allein über 25 000 Christensklaven. Um 1620 berechnete Jean-Baptiste Gremaye, dass in der ganzen „Barbarei“ mindestens 150 000 Christinnen und Christen als Sklaven festgehalten wurden. Etwa 500 von ihnen traten jährlich zum Islam über, rund 500 Sklavenkinder, Knaben wie Mädchen, wurden einfach gewaltsam beschnitten. Und alle zeitgenössischen Autoren waren sich darin einig, dass die versklavten Christen in Algerien besonders grausam behandelt wurden.[15]                        

Wir sind heute geneigt, die ganze Epoche des neueren europäischen Kolonialismus, die 1830 mit der Einnahme von Algier durch die Franzosen begann, nur negativ zu beurteilen. Dabei sollten wir aber nicht übersehen, dass es erst die Kolonialmächte waren, welche die Haltung von Christensklaven in Nordafrika endgültig beendet haben. Noch mehr gilt das für die Einstellung des enormen Handels mit schwarzen Sklavinnen und Sklaven aus dem Inneren Afrikas, um das ganze osmanische Reich mit ihnen zu versorgen.

Ein besonderes Reservoir der Sklavenjäger und –händler war die damals zur Gänze der Sudan (arabisch: Land der Schwarzen) genannte Sahel-Zone. Am längsten zogen von dort die Sklavenkarawanen in Richtung Libyen. Erst die Einnahme des südlibyschen Sklavenmarktes Mursuk durch die Italiener 1929 machte dem unmenschlichen Spuk ein Ende.

Lange vor den europäischen Kolonialmächten waren es aber christliche Glaubensboten, die der Versklavung der Schwarzen bis zum Äquator hinunter tapfer entgegentraten. So der Apostel der Schwarzen am Oberen Nil und seinen Quellflüssen, Daniele Comboni (1831-1881). Er war nicht nur ein Mann des Glaubens und des Gebetes, sondern ebenso der Tat.

„In El-Obeid erkennt er, dass mit Sklavenfürsorge allein nur wenig getan ist. Das Übel muss an der Wurzel gepackt werden, Sklavenjagden und Sklavenhandel dürfen nicht weitergehen.

Don Daniele setzt sich mit Rom in Verbindung, er schreibt an seinen Gönner Barnabò: Eure Eminenz werden in den Zeitungen gelesen haben, dass der Sklavenhandel völlig unterbunden sei, dass von Gondokoro bis zum Äquator, vom Äquator bis Zanzibar Ruhe und Ordnung herrschten. Das alles ist Lüge! Als Pro-Vikar von Zentralafrika bin ich gezwungen, Tag für Tag Zeuge der schrecklichen Qual zu werden, die gewissenlose Sklavenhändler den hilflosen Negern in unmittelbarer Nähe meiner beiden Missionsstationen Khartum und El-Obeid zufügen.

Wöchentlich brechen aus beiden Städten bewaffnete Banden von Sklavenjägern auf und suchen nahe wie ferne Stämme heim. Sie töten jeden, der sich zur Wehr setzt, schlachgten die Alten und Schwachen ab, entführen Knaben und Mädchen, junge Väter und Mütter.

Nach einem Marsch von 1000, 2000, 5000 Kilometern kehren die Menschenjäger mit ihrer Beute nach El-Obeid und Khartum zurück, wo sie die Schwarzen an die eigentlichen Händler übergeben. Diese verteilen die ‚Ware’ ohne Rücksicht auf Familienzusammengehörigkeit auf die Sklavenmärkte Nubiens, Ägyptens und der Rotmeerhäfen. Die gewaltigen Entfernungen müssen von den Geraubten barfuss und in Ketten zurückgelegt werden. Die Zahl derer, die dabei umkommen, lässt sich kaum abschätzen.

In einer Berggegend von Darfur haben unlängst 1400 Schwarze einem Sklavenjäger erfolgreich Widerstand geleistet. Prompt haben darauf seine Kumpane über 2000 Bewaffnete aufgeboten, um diese ‚Schmach’ zu rächen. Es gab ein fürchterliches Gemetzel.

Auf dem Herweg von Tura al-Chadra nach El-Obeid bin ich mehreren Slavenkarawanen begegnet. In der grössten zählte ich fast 1000 Schwarze: nackte Männer und Frauen, zu acht oder zehn wahllos an Dornenästen zusammengekettet, darunter stillende Mütter von höchstens 14 Jahren. Hinter diesen Elendszügen die Todesspur verwester, hitzeverdorrter, von den Geiern angehackter Leichen: Alle jene, die einfach nicht mehr weiterwanken konnten.“[16]

Kaum weniger schlimm als diese Zustände im osmanischen Afrika war in der europäischen Türkei der berüchtigte „Knabenzins“ (Devşirme). Sultan Orhan (1326–1359) hatte diese Herausgabe von männlichen Kindern brutal eingeführt, obwohl er sonst bei Freund und Feind als menschlicher und gerechter Herrscher geachtet war. Er brauchte die Christenbuben zur Rekrutierung seiner „Neuen Truppe“ (yeni çeri). Diese Janitscharen waren die Söhne griechischer, bulgarischer, serbischer, balkanromanischer und vor allem albanischer Bauern, die man im Alter von acht bis zwanzig Jahren gewaltsam aus den Dörfern holte und in die Kasernen sperrte. Sie wurden geprügelt und geschunden, bis ihnen jede Erinnerung an ihre Eltern, an ihre Heimat, an ihre Religion erstorben war. Alle trugen die Bezeichnung Kul, deutsch etwa „Waffensklave“, doch konnten sie bis zu den höchsten Ämtern und Würden aufsteigen.[17] Ihren Familien entrissen, durch ihr Schicksal abgehärtet und durch Umerziehung fanatisiert wurden diese Soldaten die grausamste Waffe gegen ihr eigenes Volk.[18] Der Schweizer Jugendschriftsteller Josef Spillmann hat den Leiden dieser oft sogar aus den Alpenländern bis zum Bosporus verschleppten Knaben (und auch Mädchen) ein bleibendes Denkmal gesetzt.[19]

Es war daher kein Zufall, dass der osmanische Reformsultan Mahmud II. (1808­-1839) mit der Aufhebung des Janitscharen-Systems den Anfang seiner Erneuerung des Osmanischen Reiches machte. Sein zweiter Schritt  lockerte das islamische System der Verwandlung von Kriegsgefangenschaft in Sklaverei, die erst mit dem Übertritt zum Islam endete. Mit seinem Firman (Dekret) von 1830 befreite Sultan Mahmud II. auch jene Sklavinnen und Sklaven, die als Kriegsgefangene oder Kriegsbeute aus den Kämpfen mit den aufständischen Serben und Griechen in andere Teile der europäischen und asiatischen Türkei gebracht worden waren und noch nicht den Islam angenommen hatten.[20] Und sein Sohn Abdul Medschid (1839-1861) setzte dem Raub der letzten weissen, christlichen Sklavinnen und Sklaven aus Georgien 1854 ein Ende.[21] Unter ihnen waren auch Schweizer Ansiedler in Transkaukasien, so die Frau und die Schwester des Pfarrers von Katharinenfeld. Die Pfarrfrau konnte erst nach jahrelangen Qualen in türkischen Harems von ihrem Mann in Istanbul gefunden und freigekauft werden. Die junge Schwester blieb verschollen. Erst viel später tauchte sie als erste türkische Ärztin wieder auf und wurde vor allem durch ihren erschütternden Lebensroman „Fatma“ bekannt: sie hatte einen ihr wohlgesinnten Haremsherrn gefunden, der sie freiliess und ihr das Medizinstudium ermöglichte – damals in der Türkei etwas Unerhörtes für eine Frau. Der Preis dafür war allerdings ihr Übertritt zum Islam.[22]

 

Islamische Sklaverei heute

War der französische Islamwissenschaftler Robert Brunschvig noch vor 50 Jahren der Meinung, dass „die letzten Reste von Moslemsklaverei zweifellos dazu verurteilt sind, in berechenbar naher Zukunft stillschweigend zu verschwinden“[23], so sieht die Realität seitdem leider ziemlich anders aus. Zum Beispiel:

 

Islamische Republik Mauritanien – 600 000 Sklaven, die es nicht gibt

Die in der internationalen Presse regelmässig aufgegriffene Frage der Sklaverei in Mauretanien bewegt auch bei uns die Gemüter und erregt Anstoss. Warum dürfen Herren und Sklaven noch immer nicht auf dem gleichen Friedhof liegen? Warum erhalten Sklaven  kaum Zugang zum Boden, der doch die Hauptquelle wirtschaftlicher Emanzipation darstellt? Warum gilt es in Mauritanien heute noch immer als skandalös und unanständig, wenn ein Abkömmling von Sklaven eine Frau heiraten möchte, die nicht seiner Kaste angehört? Die Besonderheit der arabisch-berberischen oder maurischen Ordnung Mauretaniens liegt in Wirklichkeit nicht in der Praxis der islamischen Sklaverei an sich, die dort üblich war und zum Teil noch immer ist, sondern im Ausmass dieser allgemein verbreiteten Praxis, wie am Beispiel der Gemeinschaft der Haratin ersichtlich wird, der bedeutenden Bevölkerungsgruppe angeblich “befreiter” maurischer Sklaven und ihrer Nachkommen. Das vom Comité Militaire du Salut National (CMSN) 1980 veröffentlichte Kommuniqué, in dem in Mauretanien zum dritten Mal (auf dem Papier) die Sklaverei abgeschafft wurde, hat am Schicksal der Haratin ebensowenig Grundlegendes geändert wie (seit 1984) die Übernahme von Regierungsfunktionen durch Angehörige dieser Gemeinschaft, zu der über die Hälfte der mauretanischen Bevölkerung maurischen Ursprungs und somit 30 bis 35 Prozent der Gesamtbevölkerung zählen.
Die Gruppe bildet ein Segment, bzw. in der maurischen Gesellschaftsstruktur eine Kaste, innerhalb der traditionellen Gesellschaft. Ihre Situation gleicht der einer sozialen Schicht am unteren Ende der modernen sozioökonomischen Stufenleiter. Dies gilt sowohl auf dem Land als auch in den großen städtischen Ballungsräumen, in die sich infolge der trockenheitsbedingten Landflucht in den letzten zwei Jahrzehnten zunehmend auch Haratin mischten. Mit dem Wechsel vom traditionellen zum modernen System hat sich für die Bevölkerung der Haratin nichts geändert: Sie gehören nach wie vor zu den Ärmsten unter den Armen. Der Geist der Landreform des Jahres 1983, eine vom Ansatz her großartige zusätzliche Maßnahme zur Emanzipation der Haratin, hat unter dem Klientelismus gelitten, der die Führungsspitze des Staates mit ihren Stammesführern und dem neuerdings zunehmenden Einfluß der Lobbys aus Geschäftsleuten prägt. Insbesondere im mittleren und unteren Senegal-Tal hat der Ausbau der Bewässerungswirtschaft zur Ausbreitung von Reiskulturen geführt, die auf mittleren und großen Flächen betrieben werden und sich im Besitz reicher maurischer Geschäftsleute aus den Städten befinden. Diese Reiskulturen verdrängen nach und nach die kleinen Produktionseinheiten der Bauern, die traditionell durch Regen oder Hochwasser bewirtschaftet wurden. Die autochthone Bevölkerung, die oft verschuldet ist oder sich im Labyrinth der für die Vergabe von Konzessionen und Unterstützungen zuständigen Behörden verliert, muß sich oft als Landarbeiter bei den neuen Landwirten verdingen. Die mangelnde Absicherung des Bodenbesitzes der Kleinbauern schwächt die gesamte ländliche Bevölkerung Mauretaniens, ungeachtet ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kaste oder Ethnie. Doch die Chancen der Haratin sind aufgrund ihrer geringeren Grundschulbildung und ihrer mangelnden Ressourcen zweifellos zusätzlich begrenzt. So bleibt ihnen in der Region Gorgol beispielsweise keine andere Wahl, als sich auf die traditionellen Notablen zu stützen, was ihre Abhängigkeit von den ehemaligen Herren ebenso festigt wie diejenige vom ursprünglichen Bezugsrahmen ihres Stammes.
Die in die Städte abgedrängten Haratin sind heute im informellen Sektor, der sich seit den achtziger Jahren rasant entwickelt hat, allgegenwärtig. Anfänglich dazu verurteilt, als nicht qualifizierte Arbeitskräfte oder als “Hauspersonal” zu dienen, sind sie mittlerweile auch im Kleingewerbe gut vertreten, beispielsweise als Fleischer, Wäscher, Fuhrleute, Bus- und Taxichauffeure, Gemüseverkäuferinnen und in ähnlichen Berufen. Dennoch lassen sich jene Haratin, die als Unternehmer über ein gewisses Umsatzniveau hinausgekommen sind, an den Fingern einer Hand abzählen. In der Hauptstadt Nouakchott leben die meisten Angehörigen dieser Gemeinschaft nach wie vor im Elendsviertel, der kebba (wörtlich: Müllkippe). Auch wenn in diesem Land keine Bevölkerungsgruppe von der großen Armut verschont ist, haben Haratin doch vergleichsweise weniger Mittel zur Hand, um ihre Lage zu verbessern.
Siebzehn Jahre nach Verkündigung des Gesetzes über die Abschaffung der Sklaverei in Mauretanien liessen die Durchführungsbestimmungen noch immer auf sich warten. Diese Langsamkeit ist nicht ganz losgelöst von der Bedeutung der islamischen Identität als Instrument der Machtlegitimierung zu sehen. Denn eine Hinterfragung der Legitimität der Sklaverei gliche in gewisser Weise einer Verletzung der Gebote des Islam, der offiziellen Staatsreligion, zu der sich die überwiegende Mehrheit der Mauretanier bekennt. Diese Spannung kommt im übrigen klar im Wortlaut der berühmten Verordnung aus dem Jahre 1981 zum Ausdruck, in deren ausformuliertestem Artikel das Prinzip der Entschädigung der Herren anerkannt wird, jedoch “keinerlei Massnahmen zugunsten der Freigelassenen ergriffen wurden, um sie zu vollwertigen Mauretaniern zu machen, also zu Bürgern mit den gleichen Rechten und Pflichten wie alle anderen Staatsangehörigen auch”.
[24]

Auch heute muss in der „Islamischen Republik“ Mauritanien von bis zu 600.000 Sklaven in Mauretanien ausgegangen werden, was 20 % der Gesamtbevölkerung entspricht. Ein verbreiteter Name für männliche mauretanische Sklaven ist Bilal, nach dem gleichnamigen Sklaven Mohammeds und erstem Muezzin..

Mitte 2007 verabschiedete das mauretanische Parlament endlich ein Gesetz, das Sklavenhaltung mit bis zu zehn Jahren Gefängnisstrafe belegt. Es ist aber ebenso auf dem Papier geblieben wie die dreimalige Aufhebung der Sklaverei in den letzten 50 Jahren. Bis heute wurde kein Sklavenhalter verurteilt. Polizei und Gerichte stecken mit ihnen unter einer Decke.

Sudan – Neues Sklavenelend in grossem Stil

Sudan, das sich seit 1998 wie Iran eine „Islamische Republik“ nennt, ist jenes Land, wo eine von der Scharia inspirierte Sklaverei nicht nur fortbesteht, sondern sogar neu wie ein Krebsgeschwür auswucherte. Während des zweiten Unterwerfungsversuchs des islamisch-arabischen Nordens an den schwarzen Christen und Animisten im Süden von 1983 bis 2005 war Versklavung nicht nur das Los aller Kriegsgefangenen: So genannte Milizen der Zentralregierung in Khartum überfielen friedliche Dörfer, um Beute und Sklaven zu machen, wie das einst in den Tagen von Daniele Comboni der Fall war. Vor allem die Dinkas hatten darunter zu leiden. CSI fand im Eintreten für diese Sklavinnen und Sklaven ihre grösste Aufgabe seit dem Untergang des Ostblockkommunismus, gegen den die Hilfsorganisation verfolgten Christen und anderen Verfolgten beigestanden hatte.[25]

Das sudanesische Militärregime versucht diese expansive Sklaverei, die weit verbreitet  auch nach dem Friedensschluss von 2005 anhält, in Abrede zu stellen und die Glaubwürdigkeit der Menschenrechts-Organisationen wie CSI zu bezweifeln. Aber auch völlig unabhängige Berichterstatter wie ein Reporter des „Wall Street Journal“ hatten aus dem Sudan zu berichten:

„Wie sieht die Sklaverei im Sudan aus? Ein erst elf Jahre alter Christenknabe erzählte mir von seinen ersten Sklaventagen: Ich wurde wiederholt aufgefordert, Moslem zu werden, was ich ebenso oft abgelehnt habe. Zur Strafe dafür wurde mir ein Finger abgehackt.– Das Mädchen Alokor Ngor Deng war nur vier Jahre alt, als sie mit ihrer Mutter versklavt wurde. Die heute Zwölfjährige hat ihre Mutter nicht wieder gesehen, seit diese an einen anderen Herrn verkauft wurde.– Die 13jährige Akon wurde mit acht Jahren von sudanesischen Soldaten geraubt, acht Mal vergewaltigt und musste bei der Ermordung von sieben Mitgliedern ihrer Familie zusehen, ehe sie einem nordsudanesischen Araber verkauft wurde.

Viele befreite (d.h. von Hilfswerken freigekaufte Anm.d.A.) Sklaven wiesen Spuren auf von Auspeitschung, Brenneisen und anderen Marterwerkzeugen. Mehr als 75% der versklavten Frauen und Mädchen berichten von Vergewaltigungen.[26]

Die heutigen Schätzungen über die im Nordsudan noch immer versklavten Schwarzen liegen zwischen einigen Zehntausend und über 100 000. Darin sind alle jene noch nicht inbegriffen, die zur Zwangsarbeit ins Libyen Gaddafis verkauft wurden.

 

Arabische Halbinsel – Schlimmer als im Mittelalter

Die Arabische Halbinsel war Hauptabnehmerin des afrikanischen Sklavenraubes und –handels Richtung Indischer Ozean, der bisher im Unterschied von seinem atlantischen Gegenstück kaum Beachtung und Erforschung gefunden hat.[27]

In zahlreichen Hafenstädten des Persischen Golfes betrug der Prozentsatz allein der schwarzafrikanischen Sklaven zwischen 11 und 22 Prozent. Mit durchschnittlich 28 Prozent war deren Anteil an der so genannten „Piraten-Küste“ oder auch „Trucial Coast“, die in etwa der Küste der heutigen Vereinigten Arabischen Emirate entspricht, zu Beginn des 20. Jahrhunderts am höchsten.

Für westliche Betrachter mag erstaunlich sein, dass noch bis weit ins 20. Jahrhundert junge afrikanische Sklaven in Bahrain als Perlentaucher ausgebildet wurden, bis das Scheichtum und heutige Königreich die Sklaverei 1950 – und das in seinem Fall tatsächlich – abgeschafft hat: Heute machen diese Freigelassenen, die als „die Schwarzen“ bezeichnet werden, rund fünf Prozent der Gesamtbevölkerung in dem Inselstaat aus.[28]

Ein Jahr zuvor (1949) hatte Kuwait die Sklaverei abgeschafft, ihm folgten 1952 Qatar, 1962 Saudi-Arabien und die Arabische Republik Jemen, 1963 die Vereinigten Arabischen Emirate, 1967 Volksjemen und 1970 Oman. Bei allen erfolgte das mehr oder weniger auf dem Papier, ausgenommen der Südjemen bei Ausrufung der „Demokratischen Volksrepublik“.

Besonders schlimm ist die heutige Lage in Saudi-Arabien. Schon bei der Proforma-Aufhebung der Sklaverei wurden von den an die 30 000 Sklavinnen und Sklaven kaum 10 000 wirklich frei gelassen. Noch 2005 charakterisierte das Department of State den US-Verbündeten als ein Land, das in Sachen Beendigung des Sklavensystems „nicht einmal minimalen Standards gerecht wird und keinerlei bedeutsamen Anstrengungen unternimmt, um  Menschenhandel zu unterbinden“.

Noch deutlicher musste Washington zwei Jahre später werden: „Saudi-Arabien ist das Bestimmungsland für Menschenhandel mit Frauen und Männern zum Zweck der Versklavung und in geringem Mass auch zum sexuellen Missbrauch bzw, kommerzieller sexueller Ausbeutung. Frauen aus Bangladesh, Indien, Sri Lanka, Nepal, Pakistan, den Philippinen. Indonesien, Vietnam, Kenya und Äthiopien lockt man als Haushaltshilfen und ungelernte Arbeitskräfte ins Land, dort aber geraten sie in Sklaverei: Die Pässe werden ihnen abgenommen, ihre Bewegungsfreiheit eingeschränkt, keine Löhne gezahlt, Misshandlungen zugefügt und sexuelle Gewalt angetan. Frauen aus Jemen, Marokko, Pakistan, Nigeria, Äthiopien und Tadschikistan werden zum Zweck der Prostitution nach Saudi Arabien gebracht, andere dann nach ihrer Ankunft gezwungen, für ihre vermeintlichen Arbeitgeber und tatsächlichen Sklavenherren als Prostituierte zu arbeoten. Schliesslich warden nach Saudi Arabien jemenitische, pakistanische, afghanische, tschadische und sudanesische Kinder verschleppt, um sie als Jockeys, Strassenhändler und –bettler einzusetzen oder an Pädophile zu vermieten.[29]

Die Lage der christlichen Experten und Techniker, Gastarbeiter und besonders Hausmädchen in den islamischen Ölstaaten unterscheidet sich so kaum mehr vom dem Los der ehemaligen Christensklaven. In Saudi-Arabien ist ihnen sogar jeder Trost ihrer Religion verwehrt, während ihnen unter osmanischer Herrschaft wenigstens das gestattet worden war, angefangen mit der Sklavenkirche Maria-Geburt im „Alten Bagno“ von Besiktas bei Istanbul. In Saudi-Arabien sind nicht nur Kirchen und Gottesdienste sowie der Aufenthalt von Pfarrern untersagt, auch der Besitz von Bibeln oder gemeinsames Gebet innerhalb der eigenen Vier Wände werden mit Auspeitschung und Ausweisung bestraft.

 

Afghanistan: Lustknaben der Mudschaheddin

Für die traditionell islamische Gesellschaft Afghanistans war eine Form der Kindersklaverei besonders typisch, das Halten eines oder mehrerer باج  (bādj pers. Diener, im afghanischen Dari in der Bedeutung Sklavenknabe, weibliche Form باجى

 bādjī). Schon König Amanullah Khan (1919-1929, gestürzt durch eine „Islamische Revolution, gest. 1960 in Zürich) schaffte diese und andere Formen des Sklavensystems ab. Sie sind jedoch während des Kampfes gegen die sowjetische Besatzung in den achtziger Jahren im Herrschaftsbereich der „Mudschaheddin“ wiedergekehrt. Jeder Kriegsherr, der etwas auf sich hielt – so der mir persönliche bekannte Serdar Ahmed Schah im Logartal ­– hielt sich mehrere Bādj als Waffenträger, aber auch als menschliche Minensuchhunde. Heute müssen diese Sklavenknaben unter dem Namen باج   بريش  

(bādja barīsh – im Dari: bartloser Knabe von pers. barī rein, sauber, unbehaart) ihren Herren in der Regel als Lustknaben dienen. Besonders im nordafghanischen Kunduz lassen die Kriegsherren sie zunächst auf Gelagen tanzen und missbrauchen sie bei den folgenden Orgien. Es gibt aber auch Fälle, wo diese bādja barīsh das Bett ihrer Meister abwechselnd mit deren Frauen teilen müssen und dann im Mannesalter mit einer Tochter verheiratet werden.[30]

 

5. Frauenknechtung und Diktatur des islamischen Kollektivs – Unfreiheit in europäischen Parallelgesellschaften

In europäischen oder amerikanischen Ländern sowie in sonstigen nicht islamisch geprägten Gebieten der Welt hat die Scharia keine Rechtswirkung. Rechtliche Gültigkeit haben in den jeweiligen Ländern allein die jeweiligen Rechtsnormen der Staaten. Lediglich in Griechenland gilt für die muslimische Minderheit (Pomaken und Türken in Westthrakien) in den persönlichen Status und das Familienrecht betreffenden Angelegenheiten die Scharia, sofern die Angehörigen der Minderheit ihre Angelegenheiten nach der Scharia anstelle des griechischen Rechts geregelt haben möchten. Das geht auf den Vertrag von Lausanne 1923 zurück.

Der kanadische Arbitration Act (1991) erlaubte es Christen, Juden und Muslimen in der Provinz Ontario, häusliche Dispute (wie Scheidungs-, Vormundschafts- und Erbschaftsklagen) vor einem religiösen Schiedsgericht zu verhandeln, wenn alle Parteien damit einverstanden waren. Die Urteile dieser Schiedsgerichte waren, sofern sie nicht geltendem kanadischen Recht widersprachen, rechtskräftig. Damit hatte die Scharia in Ontario in Spezialfällen Gültigkeit und wurde auch kurzzeitig angewendet. Im September 2005 wurde der Arbitration Act (auch auf Grund internationaler Proteste durch Frauenrechtsorganisationen) derart geändert, dass Entscheidungen auf Grund von religiösen Gesetzen nicht mehr möglich sind.

In den Niederlanden ist die Diskussion über die Einführung der Scharia im vollen Gange, nachdem der damalige niederländische Justizminister Piet-Hein Donner, ein Christdemokrat, im September 2006 erklärte, er könne sich die Einführung der Schari’a in Holland gut vorstellen, wenn die Mehrheit der Wähler dafür wäre. Mittlerweile wird diese Möglichkeit auch in universitären Kreisen ernsthaft diskutiert. Ein Symposium an der Universität Tilburg widmete sich dem Thema “Scharia” am 3. Mai 2007 und lud dazu u.a. die palästinensisch-amerikanische Islamwissenschaftlerin Maysam al-Faruqi von der “Georgetown University” in Washington, D.C. ein, die keine Probleme erkennen wollte, die Schari’a in den Niederlanden einzuführen: “Beide Rechtssysteme können mühelos nebeneinander bestehen”. In diesem Sinn ist sie auch auf Einladung des SEK am Offenen Forum Davos 2008 aufgetreten. 

Im Februar 2008 hat das Oberhaupt der anglikanischen Kirche, der Erzbischof von Canterbury Rowan Williams, es gegenüber der BBC als “unvermeidlich” bezeichnet, dass Elemente der Scharia im britischen Zivilrecht anerkannt würden. Durch eine “konstruktive Adaption” von Scharia-Elementen könnten zum Beispiel muslimischen Frauen westliche Ehescheidungsregeln erspart werden. Dabei gehe es natürlich nicht darum, “Unmenschlichkeiten” der Gesetzespraxis in einigen islamischen Ländern in den Westen zu übertragen. Williams’ Einlassungen stießen in Großbritannien und innerhalb der anglikanischen Kirche vielfach auf Entrüstung. Dabei wurde unter anderem darauf verwiesen, dass es nicht unterschiedliche Rechtssystemen für verschiedene Bevölkerungsgruppen innerhalb Großbritanniens geben dürfe. Eine gegenteilige Meinung vertritt dagegen der anglikanische Bischof von Rochester Michael Nazir-Ali, selbst aufgrund Morddrohungen pakistanischer Muslime nach Großbritannien geflohen.

Kritiker halten solchen Bestrebungen zu recht entgegen, dass die Scharia nicht mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vereinbar ist. Die deutschtürkische Islamkritikerin Perihan Ügeöz sieht in einer Abwertung der persönlichen Freiheit zugunsten des Kollekivs sogar das Hauptmerkmal einer durch den Islam geprägten türkischen Parallelgesellschaft in Europa:

„Die türkische Kultur zeichnet sich durch einen relativ hohen Kollektivismus aus. In Kulturen mit einer höheren Individualismustendenz spielt die Betonung des ICH eine zentrale Rolle. In der türkischen wie auch in anderen stärker kollektivistisch orientierten Kulturen steht demgegenüber das WIR und damit auch die Zugehörigkeit zur Gruppe im Mittelpunkt. Wieder ähnlich wie in anderen kollektivistischen Kulturen lässt sich auch für die türkische Kultur ein hohes Maß an Loyalität sowie jedoch Hörigkeit und Unterwerfung gegenüber den formellen und informellen Geboten und Prioritäten der Gruppe als wichtige Parameter der Lebensorientierungen sowie Haltungen hervorheben. Die Gruppe als Kollektiv fängt an mit Familie und Verwandschaft und reicht über Nachbarschaft bis zum Klan. Da in den letzten Jahren die Zahl der islamischen Sekten bemerkenswert zugenommen hat, müssen auch diese unbedingt mitberücksichtigt werden, wenn vom Kollektiv und seinem Einfluß auf Lebensorientierungen sowie Haltungen die Rede ist.“ [31]

An und für sich sind Kollektivismus und individuelle Freiheit keinesfalls Widersacher, sofern es gelingt, ein durch Institutionalisierung gestütztes Gleichgewicht zwischen den kollektivistischen Tendenzen und dem Individualismus, der die freien Entfaltungsmöglichkeiten des Einzelnen gewährleistet, herzustellen. Dass individuelle Freiheit leicht in Isolation und Vereinsamung umschlagen kann, ist bekannt, und gerade in einer Zeit zügellosen Wettbewerbs täte es wahrscheinlich vielen Menschen gut, sich in ein Kollektiv eingebunden zu wissen. Wenn aber umgekehrt alle soziale und finanzielle Verantwortung innerhalb der Familie und Nachbarschaft bleibt, mag das Kollektiv zwar auf der einen Seite gewissen Schutz bieten, sich andererseits aber auch leicht in ein Monster sozialer Kontrolle verwandeln. Genau das ist die Gefahr in unserer islamischen, vorwiegend der türkischen Parallelgesellschaft.

Es mag sein, dass die für die kollektivistische Orientierung der türkischen Kultur hervorgehoben Elemente der Loyalität, Hörigkeit und Unterwerfung vielleicht auf unser Unverständnis stossen. Aber es gibt in der Parallelgesellschaft ein dichtes Netz von Sitten und Anstandsregeln gibt, die prägend sind für Handlungen und Haltungen. Wie stark und streng diese Sitten und Regeln zur Geltung kommen und das Handeln dominieren, hängt neben dem sozialen Milieu auch von der Schichtzugehörigkeit ab. Um es etwas zu vereinfachen: Je grösser die sozialen und wirtschaftlichen Entbehrungen sind und je eingeschränkter die Spielräume der Bürger, an der Vielfalt gesellschaftlichen und kulturellen Reichtums teilzunehmen, desto dichter ist das Netz von Sitten und Anstandsregeln und damit auch strenger bis manchmal gar gnadenloser die soziale Kontrolle über ihre Einhaltung. Das ist auch der Hintergrund, aus dem heraus die sog. Ruf- und Ehrenmorde ihre Dynamik entfalten.

Soviel man von Demokratie und Freiheit auch innerhalb der islamischen Parallelgesellschaft bei uns reden mag, die Gleichstellung von Mann und Frau ist über weite Strecken nach wie vor mehr Gerücht denn Wahrheit. Nimmt man die allgemeinen Vorstellungen von Moral, Sitte und Anstand unter die Lupe, so zeigt sich schnell, dass sie im Wesentlichen mit Ehre und Sexualität gekoppelt sind, bei der die Frauen die besonderen Leidtragenden sind. Obwohl die Sexualität nicht erst seit gestern zu den Tabus gehört, hat aber die Zunahme der Rückbesinnung auf islamische Werte in den letzten Jahren die Sexualität erst recht in ein erstklassiges Tabu verwandelt. Die mit Ehre, Anstand und Sitte forcierte Unterdrückung der Sexualität führt aber dazu, dass nicht nur die Aggressivität insbesondere der Männer zunimmt und die Frauen zu besonderen Opfern macht. Sie konfrontiert die Frau auch mit der Gefahr, zunehmend in ein pornografisches Objekt verwandelt zu werden. Der mit dem Ehrebegriff einhergehende soziale und psychologische Druck auf die Frau, sich den Anstandsregeln bedingungslos zu fügen, lässt sich auch als eine Reaktion der Männer bewerten, die eigene Frau, Tochter oder Schwester davor zu bewahren.Moslem- Apologeten betonen, dass die Frau gerade im hanafitischen Islam gleichberechtigt vor Gott sei, ja, dass der Islam der Frau die wahre Würde, Freiheit, Schutz und Respekt verleihe. Ja, der Koran spricht davon, dass Mann und Frau vor Gott gleich erschaffen wurden, ohne dass er einen Hinweis darauf gäbe, dass die Frau ein Wesen von “minderem Wert” sei. Gleichzeitig behauptet der Koran – und noch viel deutlicher die islamische Überlieferung – eine unterschiedlichen Aufgabenzuteilung an Mann und Frau, aus der unterschiedliche Rechte abgeleitet werden, ja, die rechtliche Benachteiligung der Frau festgeschrieben wird. Sie ist rechtlich benachteiligt im Erbrecht (sie erbt nur die Hälfte), im Zeugenrecht (ihre Aussage gilt nur halb so viel wie die Aussage eines Mannes), im Eherecht (für sie ist die Scheidung erschwert, in einigen Ländern fast unmöglich; dem Ehemann ist in den meisten Ländern die Polygamie erlaubt). Wofür schon Mohammed selbst mit seinen Haupt- und Nebenfrauen – sie waren zum Teil „Kriegsbeute“ das Beispiel gegeben hatte .Eine überall anerkannte Grundlage des islamischen Eherechts ist die Gehorsamspflicht der Ehefrau und das Erziehungsrecht des Mannes ihr gegenüber, das ihr verbietet, gegen seine Einwände selbst bestimmte, eigenständige Entscheidungen zu treffen (das Haus zu verlassen, Kontakte zu Personen zu unterhalten, die er nicht billigt u.ä.). Zollt sie ihm diesen Gehorsam nicht, darf er nach Meinung der überwiegenden Zahl der Theologen nach Sure 4,34 zum Mittel der Züchtigung greifen. Es ist daher dieses Eherecht (Polygamie, Gehorsamspflicht, Züchtigung, Erbrecht), das europäischen Rechtsauffassungen viel mehr entgegensteht als Kleidungsstücke wie Kopftuch und Schleier.

 


[1] islamicrevolutionservice.wordpress.com/category/islam-und-kirche

[2] Sahih al-Buchari Nr. 0097

[3] Sahih al-Buchari V1 B8 N367.

[4]  A.a.O. V3 B46 N717.

[5] Weil, Gustav: Geschichte der Chalifen. Nach handschriftlichen, groesztentheils noch unbenuetzten Quellen bearbeitet, II 163, Mannheim 1848.
 

[6] Brockelmann, Carl (Hg.), Ibn Saad: Biographien Muhammeds, seiner Gefährten und der späteren Träger des Islams… VIII: Biographien der Frauen,. Leiden 1904, 153-159.

 

[7] Brunschvig, Robert.: Artikel عبد(‘abd) 3. فقه(fiķh) in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition, Volume I 26, Leiden 1986.

 

 

[8] Brunschwig a.a.O.

[9] Brunschvig a.a.O. 28

[10] Young, George: Corps de Droit Ottoman II, Oxford 1905, 167.

[11] Gstrein, Heinz: Der Heilige aus der Kanone: Jean Le Vacher (1619-1683), Apostel der Sklaven in Tunis und Algier.(Reihe: Missionare, die Geschichte machten), St. Gabriel Mödling 1980.

 

[12] A.a.O. 5

[13]   A.a.O. 26

[14]  A.a.O. 61f.

[15] A.a.O. 72

[16] Gstrein Heinz: Unter Menschenhändlern im Sudan – Daniele Comboni. Den Sklaven ein Retter (Reihe: Missionare, die Geschichte machten), St. Gabriel Mödling 1981², 89f.

16 Gstrein, Heinz:. „Albanien“, Olten/Freiburg i.Br. 1989, 37.

[18] Bat Ye’Or: Der Niedergang des orientalischen Christentums unter dem Islam, Gräfelfing 2002, 124.

[19] Spillmann, Josef: Die Sklaven des Sultans, Freiburg i.Br. 1903.

[20] Young, George: A.a.O. 171f.

[21]  A.a.O. 173f.

[22]   Leben & Glauben 05/06 (02.02.2006), 12.

[23] Brunschvig R.: Artikel عبد(‘abd) in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition, Volume I 39, Leiden 1986.

 

[24] Le Monde vom 13.11.1998

[25] Vgl. dazu Gerber, Daniel: Fünfzehn Dollar für ein Leben, Basel 2005.

 

[26] The Wall Street Journal vom 12. Dezember 2001.

[27] Vgl. Dazu: Campbell, Gwyn (Hrsg.): The Structure of Slavery in Indian Ocean Africa and Asia, London 2004.

Campbell, Gwyn (Hrsg.): Abolition and its Aftermath in Indian Ocean Africa and Asia (= Studies in Slave and post-slave societies and cultures). London 2005.

 

[28] Meinel, Ute: Die Intifada im Ölscheichtum Bahrain. Hintergründe des Aufbegehrens von 1994-98 (Konfrontation und Kooperation im Vorderen Orient, Band 9), Münster 2003, 146 Fussnote 343.

[29] U.S. State Dept Trafficking in Persons Report, June, 2007, Saudi Arabia (Tier 3)

[30] Country Reports on Human Rights Practices  – 2006. Released by the Bureau of Democracy, Human Rights, and Labor, March 6, 2007

[31] Istanbul Post vom 14. Februar 2008.

 

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